Montag, 25. Januar 2010

Zins vs. Profit

Ist der Zins mehr abzulehnen als Profit? Wie wirken sie?
Stefan Zoklits - 13. Mai, 21:56

Problem Zins und ein Lösungsvorschlag von Helmut Creutz

Texte | Geldreform

Zur Übersicht Texte | Geldreform


Zinsen verbieten, abschaffen oder senken?

Was ist richtig, was erforderlich? Diese Fragen beantwortet der Autor des Buches "Das Geld-Syndrom".

Dass mit den Zinsen in unseren Volkswirtschaften vielfältige Probleme verbunden sind, dürfte den meisten bekannt sein. Das betrifft vor allem die zinsbedingten Einkommensumverteilungen von der Arbeit zum Besitz als auch das Überwachstum der Geldvermögen mit dem daraus resultierenden Verschuldungs- und Wachstumszwang. Ebenso bekannt ist der Tatbestand, dass diese Probleme mit der Höhe der Zinssätze im allgemeinen zu- und abnehmen. Was aber müsste geschehen, um diese Probleme in den Griff zu bekommen?

Zusammensetzung und Anteile der Zinssätze

Wie aus der Schemadarstellung Nr. 012 ersichtlich, ist "der Zins" in Wirklichkeit ein Konglomerat aus unterschiedlichen Bestandteilen, die auch unterschiedlich zu bewerten sind. Dabei ist zuerst einmal zu unterscheiden zwischen dem Guthabenzins, den der Sparer erhält und dem Kredit- oder Sollzins, den die Banken von ihren Kreditnehmern fordern. Die Differenz zwischen beiden ist die Bankmarge oder der Zinsüberschuss der von den Banken auf den Guthabenzins aufgeschlagen wird. Wie ersichtlich, besteht diese Differenz weitgehend aus den Sachkosten der Banken, vor allem für Personal und Risiko. Der über diese Sachkosten hinaus erwirtschaftete Zinsanteil ergibt den Rohgewinn der Banken, der allenfalls in Höhe der darin enthaltenen Rendite für das Eigenkapital mit den Zinsen zusammenhängt.

Der eigentliche Zins, um den es bei der Frage nach Größe und Rechtmäßigkeit geht, ist also jener Teil des Kreditzinses, den die Bank an den Sparer zahlt. Aber auch dieser Guthabenzins setzt sich wieder aus verschiedenen Teilen zusammen, die unterschiedlich zu bewerten sind. Das gilt einmal für den Inflationsaufschlag, mit dem die Sparer den Substanzverlust ihrer Vermögen auszugleichen versuchen. Je nach Marktlage kommt auch noch ein Knappheitsaufschlag hinzu, der die Angebots-Nachfrage-Gegebenheiten am Kapitalmarkt widerspiegelt und bei ausgeglichener Marktlage gegen Null absinkt. Übrig bleibt, als Sockel der ganzen Zinssäule, der Grundzins oder - wie Gesell ihn nannte - der Urzins. Dieser Zinssockel wird heute, nach Keynes, meist als Liquiditätsprämie bezeichnet, als eine Prämie, die den Vorteil des Geldes widerspiegelt, den der Verleiher zeitbegrenzt dem Kreditnehmer überlässt. Grundzins und Knappheitsaufschlag zusammen ergeben den Realzins, also den tatsächlichen Gewinn des Sparers.

Wo liegen die Probleme?

Alle aufgeführten Zinsanteile bilden sich am Markt zwischen Geldanbietern und Geldnachfragern, wobei völlig verschiedene Interessen zum Ausgleich gebracht werden müssen: Die Geldgeber möchten einen möglichst hohen Zins, die Kreditnehmer einen möglichst niedrigen, während die Banken - unabhängig von der Zinshöhe - eine Bankmarge anstreben, die neben den Kosten auch die Gewinnanteile sichert.

Die Bankmarge ist also weitgehend ein sachbezogener Kostenfaktor, der nur in dem Maße gesenkt werden kann, wie bei den Vermittlungskosten Einsparungen möglich sind, also vor allem im Personalbereich. Der den Guthabenzins beeinflussende Inflationsanteil geht mit zunehmender Kaufkraftstabilität automatisch zurück, der Knappheitsaufschlag mit dem Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage auf den Märkten. Das heißt: diese Zinsanteile sind im Prinzip sachbezogen und nur insoweit zu problematisieren, als der Inflationsanteil einer unzulänglichen Geldmengensteuerung durch die Notenbank anzulasten ist.

Der Knackpunkt der ganzen Zinsproblematik ist der verbleibende Grundzins, also die Liquiditätsprämie, die der Sparer für die Freigabe seines erübrigten Geldes fordert. Dieser bei zwei bis drei Prozent liegende Zinssockel ist gleichzeitig die Grenzmarke, bei der die Bereitschaft zum langfristigen Geldausleihen nachlässt und die Neigung zur Geldzurückhaltung einsetzt. Diese Geldzurückhaltung wiederum gefährdet den Geldkreislauf und damit die Konjunktur.

Ursache für die Verweigerung der Geldfreigabe ist einmal der Liquiditätsvorteil des Geldes, der durch einen zu geringen Zins nicht aufgewogen wird. Vor allem aber spielt die Überlegenheit des Geldes gegenüber den mit ihm zu tauschenden Gütern eine entscheidende Rolle. Denn während die Güter auf Grund von Alterung, Verderb, Mode und Lagerkosten unter Angebotszwang stehen, kann das Geld warten. Diese Überlegenheit des Geldes schlägt sich im Grundzins als Preis für die Geldüberlassung nieder. Selbst in Zeiten schwacher Konjunkturlagen und reichlicher Geldausstattung ist also das Geld in der Lage, durch Zurückhaltung und künstliche Verknappung des Geldangebotes einen positiven Zins zu erpressen und ein marktgerechtes Absinken der Zinsen gehen Null zu verhindern!

Das zu überwindende Übel liegt also nicht beim Zins an sich, sondern bei der Möglichkeit des Geldhalters, das Geld zurückzuhalten und damit den Kreislauf zu unterbrechen. John Maynard Keynes hat darum den Zins auch als "Belohnung für die Nichthortung von Geld" erklärt und versprach sich von der Neutralisierung dieser Möglichkeit eine Überwindung der "verschiedenen anstößigen Formen des Kapitalismus" und "den sanften Tod des Rentiers".

Helfen Verbote weiter? - Geschichtliche Erfahrungen

Der nächstliegende Gedanke zur Überwindung der Probleme ist natürlich eine Abschaffung des Zinses per Gesetz oder ein Verbot der Zinsnahme. Wie wir vor allem aus der Geschichte der Hochreligionen wissen, sind solche Versuche auch immer wieder gemacht worden, letztlich aber alle fehlgeschlagen. Denn der Zins lässt sich genau so wenig durch Verbote aus der Welt schaffen wie jeder andere Marktpreis. Selbst die im Mittelalter übliche Einstufung des Zinses als Todsünde, verbunden mit der Androhung ewiger Verdammnis, haben ihn nicht bezwingen können. Im Gegenteil: In dem Maße wie diese Strafandrohungen ernst genommen wurden, nahm die Geldzurückhaltung zu und die Zinsforderungen der noch verleihbereiten Geldbesitzer stiegen ins Unermessliche!

Diese Erkenntnis, dass die Geldzurückhaltung das eigentliche Übel ist, setzte sich in der Geschichte ab und zu einmal durch. So berichtet Hans Weitkamp in seinem Buch, "Das Hochmittelalter, ein Geschenk des Geldwesens", dass Papst Bonifatius VIII nicht das Zinsnehmen als sündhaft angeprangert hat, sondern das Festhalten des Geldes. In einer von ihm 1303 erlassenden Bulle heißt es: "Wer bei sich daheim Geld schlafend und untätig liegen lässt, wird exkommuniziert", was damals mit ewigen Höllenstrafen gleich zu setzen war. Und auch Papst Clemens IX gab noch im 17. Jahrhundert Münzen mit der Prägung "noli thesaurare" in Umlauf, was so viel heißt wie "Du darfst mich nicht festhalten". Selbst der Volksmund weiß heute noch, dass der Taler wandern bzw. der Rubel rollen muss, wenn er seine Aufgabe erfüllen soll.

Leider hat auch der Islam, der in unseren Tagen die Zinsnahme wieder verstärkt problematisiert, diese Erkenntnisse der eigentlichen Ursachen aus den Augen verloren. Um trotzdem das Geld in den Kreislauf zurück zu holen, werden von islamischen Banken die verschiedensten Finanzkonstruktionen angeboten, die letzten Endes, wenn auch unter anderen Bezeichnungen, ähnliche Gewinne garantieren wie der Zins. Dabei ist die Bezeichnung völlig gleichgültig: Immer wenn jemand ohne eigene Leistung Einkünfte erhält, müssen sie anderen genommen werden. Denn "wer Geld arbeiten lässt, lässt immer andere für sich arbeiten!"

Was ist zu tun?

Bei der "Lösung der Zinsfrage" geht es also nur um die Überwindung der Überlegenheit des Geldes, also um den Grundzins von etwa zwei bis drei Prozent! Der darüber hinausgehende Knappheitsaufschlag, der die tatsächliche Knappheitssituation auf den Kapitalmärkten wieder gibt und heute bereits gegen Null tendiert, ist dagegen problemlos. Er belebt in Zeiten knappen Geldes die Ersparnisbildung und bringt sich damit ebenso selbst zum Verschwinden, wie das bei den Knappheitsgewinnen an den Gütermärkten der Fall ist.

Um die im Grundzins sich abzeichnende Überlegenheit des Geldes zu neutralisieren und es auf die gleiche Stufe mit den Waren zu bringen, müssen der Geldhaltung Kosten angeheftet werden, "Durchhaltekosten" wie Keynes sie nannte. Diese "Durchhaltekosten" auf Geld müssten zur Sicherung des Umlaufs durch die Notenbanken mit dem Geld verbunden werden. Denn die beiden heutigen Umlaufsicherungsmittel, Zins und Inflation, sind nicht nur durch ihre destruktiven Folgen für diese Aufgabe ungeeignet, sie verlieren auch mit sinkender Höhe ihren Umlaufsicherungseffekt. Das heißt, was dringend erforderlich und wünschenswert wäre, nämlich sinkende Zins- und Inflationsraten, ist heute, durch die einsetzende Geldzurückhaltung, mit negativen Folgen verbunden, bis hin zu den Gefahren von Deflationen und Rezessionen. Notwendig ist darum eine Umlaufsicherung, die - unabhängig von der Zins- und Inflationshöhe - den Kreislauf des Geldes in der Wirtschaft verstetigt und geschlossen hält.

Man kann die dem Geld anzuheftenden Durchhaltekosten auch als eine Art Nutzungsgebühr für die öffentliche Einrichtung Geld ansehen, wie wir sie auch für die Nutzung anderer öffentlicher Einrichtungen entrichten müssen, z.B. mit den Gebühren für öffentliche Parkplätze. Um Mißverständnissen vorzubeugen: Bei dieser konstruktiven Umlaufsicherung für das Geld geht es keinesfalls um eine Gebühr auf die Ersparnisse und sonstigen Geldvermögen, sondern immer nur um die in der Wirtschaft kreisenden Zahlungsmittel, also um das Bargeld und um den für Zahlungszwecke eingesetzten Teil der Girokonten.

Bei diesen Girokonten - dem "Giralgeld" - ist die technische Umsetzung dieser Umlaufsicherung einfach: Man braucht von den gehaltenen Beständen nur regelmäßig einen geringen Betrag als "Geldhaltekosten" abzubuchen. Eine solche Belastung würde diese Bestände auf den tatsächlich erforderlichen Umfang reduzieren und alle Überschüsse dem Kreditmarkt zur Verfügung stellen. Beim Bargeld gibt es verschiedene Möglichkeiten den Umlauf zu sichern, wie z.B. den gelegentlichen Umtausch bestimmter Stückelungen, bei dem ein Teil des Wertes als Nutzungsgebühr einbehalten wird. In Notenbankkreisen werden aber auch schon Einbaumöglichkeiten von Magnetstreifen oder Chips in die Geldscheine diskutiert, mit denen sich ggfs. auch zeitbezogene Geldhaltegebühren abbuchen lassen.

Mit einem halben bis einem Prozent im Monat brauchten diese Geldhalte- oder Geldnutzungsgebühren nur so hoch zu sein, dass man übriges Geld möglichst regelmäßig auf Sparkonten einzahlt, damit es über Kredite wieder in den Kreislauf zurück fließt. Es geht also keinesfalls um eine neue Steuer und auch nicht um Strafgebühren, sondern allenfalls um Geldhalte- oder Geldnutzungsgebühren, mit denen jene Überlegenheit neutralisiert wird, die das Geld heute gegenüber allen Gütern und der Arbeit besitzt. Vor allem aber geht es darum, den Geldkreislauf geschlossen zu halten und die Zinsen, mit den fortschreitenden Sättigungen auf den Kapital- und Gütermärkten, marktgerecht gegen Null sinken zu lassen. Damit könnte die Konjunktur stabilisiert, die heutige zinsbedingte Dauer-Umschichtung von der Arbeit zum Besitz abgebaut und erreicht werden, dass man auf gesättigten Kapitalmärkten auf Dauer keine leistungslosen Einkommen mehr erzielen kann.

Die Auswirkungen:

Welche Veränderungen sich durch eine solche Umlaufsicherung nach und nach ergeben würde, geht aus der Schemadarstellung Nr. 087 hervor, in der von längerfristigen nominellen Durchschnittswerten der Zinsen ausgegangen wird.

Zinssätze ohne und mit Liquiditätsabgabe

In der links eingetragenen heutigen Situation wirft das Bargeld bekanntlich keine Zinsen ab, die Geldanlagen jedoch positive Sätze, die im allgemeinen mit der Dauer der Anlage steigen. Wird jedoch - wie rechts wiedergegeben - die Bargeldhaltung z.B. mit einer Gebühr von sechs Prozent belastet und die Sichtguthaben in gleicher oder etwas geringerer Höhe, dann wird das zu einer Minimierung dieser Zahlungsmittelhaltungen und damit einer verstetigten Umschichtung aller nicht erforderlichen Geldbestände in längerfristige Anlageformen führen. Damit werden einmal die heutigen Verzögerungen der Geldfreigabe durchbrochen. Zum anderen werden mit dem verstärkten Angebot auf den Kapitalmärkten auch die mittel- und längerfristigen Zinsen tendenziell absinken und bei ausgeglichenen Marktlagen im Durchschnitt schließlich um den Nullpunkt pendeln.

Kommt es erneut zu Knappheiten auf den Kapitalmärkten, z.B. im Zuge von Marktinnovationen, können die Zinssätze vorübergehend auch wieder ansteigen. Auf gesättigten Märkten wird der Guthabenzins jedoch gegen Null und damit der Kreditzins auf die Bankmarge sinken. Denn auch die Inflationen und damit die Inflationsaufschläge im Zins können mit Hilfe der hier vorgeschlagenen konstruktiven Umlaufsicherung, die zur Kontrollierbarkeit der aktiven Geldmenge führt, abgebaut werden.

Die konkreten Auswirkungen einer solchen marktgerechten Absenkung der Zinsen werden deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass für die heutige volkswirtschaftliche Verschuldung in Höhe von rund 6.000 Milliarden Euro eine Zinsbelastung von fast 400 Millarden Euro im Jahr zu tragen ist, während die Kosten der Umlaufsicherung, bezogen auf die gesamten Zahlungsmittel in Höhe von maximal 400 Milliarden Euro, nur mit etwa 20 Milliarden zu Buche schlagen. Schon eine Kreditzinsabsenkung von zwei Prozentpunkten würde die Wirtschaft jährlich um 120 Milliarden Euro entlasten, ein Betrag der ausreichen würde, um die Bruttolöhne von fast vier Millionen Arbeitnehmern zu finanzieren!

Was darüber hinaus besonders wichtig ist: Mit sinkenden Zinsen lässt das Überwachstum der Geldvermögen nach, schließt sich die Schere zwischen Arm und Reich und schwindet der heutige Zwang zum ständigen Wachstum der Verschuldung und der Wirtschaft! Kurz: Mit einem Zins nahe Null wird ein wachstumsfreies und nachhaltiges Wirtschaften möglich, ohne soziale und ökonomische Problementwicklungen!

Und die Schlussfolgerung:

Der Zins muss weder verboten noch abgeschafft werden. Seine Funktion als Steuerungs- und Knappheits-Indikator bleibt auch bei einer konstruktiven Umlaufsicherung voll erhalten. Genommen wird dem Geld lediglich seine Monopoleigenschaft, die es ihm ermöglicht, den Zins marktwidrig hoch zu halten und auch dann noch einen Knappheitspreis zu erpressen, wenn eine Knappheit in Wirklichkeit nicht mehr besteht.

von Helmut_Creutz - 11. April 2004

puta - 14. Mai, 18:37

Kritik der Zinskritik

...mal eine andere Art des Contra Zinskritik außer dem Antisemitismusvorwurf:

Nr. 1

Nr. 2

Nr. 3

Nr. 4 (ein bißchen Nazivorwurf)

Nr. 5 (wieder ein bißchen Nazivorwurf)

Nr. 6

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Kritik der Zinskritik
...mal eine andere Art des Contra Zinskritik außer...
puta - 14. Mai, 18:37
Problem Zins und ein...
Texte | Geldreform Zur Übersicht Texte | Geldreform...
Stefan Zoklits - 13. Mai, 21:56
Sind Zinsen der Hauptgrund...
Antwort: Ja! Erklärung mit Ausschnitten aus einer Schrift...
Stefan Zoklits - 9. Mär, 23:52
Ist Wachstum das wahre...
Dass Wirtschaft ohne exponentielles Wachstum möglich...
Adolf Staufer - 26. Feb, 18:17
Zinsen und Realwirtschaft
Vielleicht sollte man einmal fragen, wie sich der Zinseszins...
Adolf Staufer - 26. Feb, 17:48

Profil
Abmelden
Weblog abonnieren